WELT-online und die "Dynamik-Falle"

 

Unter der Überschrift „Die Dynamik-Falle kostet Sie am Ende 1585 Euro – pro Jahr“ ging es in einem Artikel auf Welt-Online kürzlich um das Thema Beitragsdynamik in der Berufsunfähigkeitsversicherung und die Honorarberatung. Dabei gelingt es dem Welt-Autor nicht, diese Themenkomplexe in einer sachlichen Art und Weise zu besprechen. Eine kleine Replik auf den Welt-Artikel von uns heute hier im Blog.

Kluge Alternative Honorarberatung?

Es ist schon auffällig, dass der Welt-Autor die Honorarberatung so einseitig positiv darstellt. Die Nachteile werden gar nicht angesprochen.

 

Nettotarife und Honorarberatung konnten sich bisher überhaupt nicht durchsetzen. Es gibt am Markt nur ganz wenige Nettotarife. Das liegt wohl daran, dass die meisten Kunden das Provisionsmodell bevorzugen. Eine umfassende Marktanalyse ist mit Nettotarifen in der BU-Versicherung wegen der geringen Zahl verfügbarer Tarife nicht möglich.

 

Es wird auch nicht erwähnt, dass die BU-Versicherung ein beratungsintensives Produkt ist. Eine gute Beratung zur BU-Versicherung einschließlich der Aufarbeitung der Gesundheitshistorie, dem Einreichen von Risikovoranfragen bei einer hinreichenden Anzahl von Versicherern sowie der Auswertung derselben, einem Marktvergleich, einer Analyse der Versicherungsbedingungen und der Besprechung von möglichen Zusatzoptionen wie z.B. AU-Klausel, Pflegebaustein, Dynamik, garantierte Rentensteigerung im Leistungsfall, kann sich über einen langen Zeitraum erstrecken und einen enormen Zeitaufwand für den Vermittler bedeuten. Den Fall „Vertrag unter die Nase halten“ und „Unterschrift bitte hier“ gibt es nur bei unseriösen Vermittlern.

Beratungsaufwand Berufsunfähigkeitsversicherung

Besonders zeitaufwändig ist die Aufarbeitung der Gesundheitshistorie. Eine unproblematische Gesundheitshistorie in dem Sinne, dass es zu einer glatten Annahme kommt ohne große Rückfragen vom Versicherer, ist sicher nicht der Regelfall.

 

Ich habe deshalb große Zweifel, ob der in dem Welt-Artikel genannte Honorarberater für eine Vergütung in Form einer Servicepauschale von 18 EUR pro Jahr in der Lage ist, diesen Aufwand zu betreiben. Oder nimmt er nur die „unproblematischen“ Fälle, bei denen es eigentlich gar nichts zu beraten gibt und die Auswahl „Alte Leipziger“ schon zu Beginn fest steht? Bei jenen Beratern, die Stundensätze von z.B. 150 EUR nehmen würde man bei einer umfassenden Beratung (s.o.) schnell auch auf Kosten im vierstelligen Bereich kommen.

Beitragsdynamik - "Falle" der Versicherungen und der Vermittler?

Aus dem Thema „Dynamik“ konstruiert der Autor ein Problem, dass es gar nicht gibt. Wie der Autor selbst zutreffend darlegt, kann der Dynamik widersprochen werden, letztlich ist es also nur eine Option, die genutzt werden kann oder auch nicht. Dass sich Inflationsraten auch ändern können und das in der Vergangenheit auch getan haben, erwähnt der Autor auch nicht.

Selbstverständlich wäre es falsch, in der Beratung nicht auf die Widerspruchsmöglichkeit hinzuweisen. Ebenso wäre es nicht richtig, die Kosten der Dynamik zu verschweigen.

 

In vielen Fällen macht die Dynamik aber schon deshalb Sinn, weil nach z.B. 10 Jahren Laufzeit keinesfalls sicher ist, ob eine Erhöhung der BU-Rente über die Nachversicherungsgarantien noch möglich ist.

 

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Das max. Eintrittsalter für die Nutzung der Nachversicherung kann dann bereits überschritten sein oder es fehlt an entsprechenden Ereignissen. Wer eine Dynamik eingeschlossen hat, kann die Erhöhungen über das Widerspruchsrecht regulieren. Es wäre eindeutig ein Beratungsfehler, nicht auf die Möglichkeit des Einschlusses einer Dynamik hinzuweisen.

 

Die skandalisierende Überschrift „Die Dynamik-Falle kostet Sie am Ende 1585 Euro – pro Jahr“ wird der Sache deshalb nicht gerecht.

 

Einige Kommentare unter dem Welt-Artikel kritisieren die verkürzte Darstellung des Welt-Autors. Einer der Leser weist in seinem Kommentar auf die positiven Aspekte einer Beitragsdynamik hin.

Ohne Skandal geht nichts

Es ist wirklich bedauerlich, dass im Zusammenhang mit Versicherungen offenbar fast immer Klischees bedient werden müssen. Vor einiger Zeit hatte ich schon die Sendung Stern-TV zum Thema Berufsunfähigkeitsversicherung kritisiert, die zugegebenermaßen deutlich unsachlicher war als dieser WELT-Artikel.

 

In dem vorliegenden Artikel ging es nicht ohne das Klischee des Vermittlers, der dem Kunden den „Vertrag unter die Nase hält“. An einigen Stellen driftet der Autor auch in eindeutig unsachliche Formulierungen ab: „Dinge, die ein bisschen zum Himmel stinken.“ Es fehlt an Belegen, dass Vermittler tatsächlich häufig so agieren, wie der Autor es hier suggerieren will.

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