Wann braucht man eine Rechtsschutzversicherung, mal ganz allgemein gefragt? Doch immer dann, wenn es etwa zwischen Vertragsparteien zu Konflikten kommt, die sich nicht mehr über ein Gespräch lösen lassen und es also zu einer rechtlichen Auseinandersetzung kommt. Wenn es um die Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung geht, ist es immer besser, genau das zu vermeiden. Denn wenn sich erst die Rechtsabteilung des Versicherers eingeschaltet hat, dann kann es lange dauern, wenn es gar zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt, kann es sich Jahre hinziehen.
Zeit ist Geld – besonders im BU-Fall
Die BU-Leistung braucht man aber sofort, nämlich dann, wenn man dauerhaft nicht mehr in seinem Beruf arbeiten kann und daher einen Einkommensverlust hat. Zeit ist hier also Geld, Geld dass einem während der langen Dauer eines Prozesses fehlt. Deshalb sollte man bereits beim Abschluss einer BU-Versicherung vorausschauend auf den möglichen Leistungsfall blicken und alles, was streitanfällig ist, vermeiden. An erster Stelle ist hier die VVA (= vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung) zu nennen.
Hier können Sie das Risiko, dass es überhaupt zu einer Ablehnung der BU-Leistung kommt, dadurch minimieren, dass Sie penibel genau ihre Gesundheitshistorie aufarbeiten und wirklich alle Fragen des Versicherers im BU-Antrag vollständig und wahrheitsgemäß beantworten. Wer das sorgfältig getan hat, bei dem ist eine Ablehnung der BU-Leistung im BU-Fall wegen einer VVA zu 99,9 % ausgeschlossen.
Auch wer Versicherungsbedingungen aufmerksam liest, ist klar im Vorteil. Denn hier wimmelt es nur so vor streitanfälligen Regelungen. Ein reiner Preisvergleich hilft hier nicht weiter. Bedingungen lesen, verstehen und dann den Versicherer wählen, mit den wenigsten streitanfälligen Regelungen.
Häufig wird sich um den BU-Grad gestritten. Ist der VN denn nun schon zu 50 % BU oder doch nur 49,5 %?
Es gilt das Alle-oder-Nichts-Prinzip in der BU-Versicherung. Bei 49,5 % gibt es nichts, bei 50 % die volle BU-Rente. Einem solchen Streit kann man kaum vorbeugen. Was hilft ist aber eine gute Vorbereitung des BU-Leistungsantrags, denn auf dieser Grundlage entscheidet der Versicherer ja, wie hoch der BU-Grad ist. Beim BU-Leistungsantrag kann die Unterstützung durch einen Versicherungsberater sinnvoll sein, dessen Kosten werden aber nicht von einer Rechtsschutzversicherung übernommen.
Klage gegen Berufsunfähigkeitsversicherung
Wir sehen also, in vielen Fällen hilft eine Rechtsschutzversicherung gar nicht so sehr. Klagen ist gerade im BU-Fall die Ultima Ratio. Wenn es denn anders nicht geht und die BU-Leistung im Klageweg durchgesetzt werden soll / muss, ja dann ist es natürlich nicht schlecht eine RS-Versicherung zu haben, denn die Streitwerte dürften in den meisten Fällen recht hoch sein. Aber bitte nicht denken, eine RS-Versicherung ist das Allheilmittel. Viel wichtiger sind die oben dargelegten Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos einer VVA (Gesundheitsfragen genau beantworten!) und die sorgfältige Analyse der Versicherungsbedingungen.
Rechtsschutzversicherung vor dem BU-Antrag abschließen?
Wenn man sich für eine Rechtschutzversicherung entscheidet, stellt sich die Frage, wann man diese abschliessen sollte. Noch vor dem BU-Antrag? Oder reicht es auch später.
Hierzu ist es wichtig zu wissen, dass eine RS-Versicherung nur für RS-Fälle leistet, die nach Abschluss der RS-Versicherung eingetreten ist. Die Frage ist dann, was gilt als Rechtsschutzfall und wann ist dieser eingetreten.
Hier hilft ein Blick in die RS-Versicherungsbedingungen, die ARB. Dort heißt es in § 4 unter „Wann entsteht der Anspruch auf eine Rechtsschutzleistung?“:
"Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach Eintritt eines Rechtsschutzfalls, der nach Beginn des Versicherungsschutzes ... und vor dessen Ende eingetreten ist.
Der Rechtsschutzfall tritt ein:
[...] von dem Zeitpunkt an, in dem Sie oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschrif-
ten begangen hat oder begangen haben soll Sollen Rechtsverstöße wechselseitig (das heißt vom Versicherungsnehmer und vom Gegner) begangen worden sein, werden die Verstöße beider Parteien berücksichtigt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Geltendmachung oder die Abwehr von Ansprüchen den Gegenstand des Rechtsstreites bilden. (Beispiel: Sie machen einen Anspruch auf Leistungen aus Ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung geltend. Die Versicherung verweigert die Zahlung mit der Begründung, Sie hätten bei Vertragsabschluss arglistig über Vorerkrankungen getäuscht. Rechtsschutzfall ist die angebliche Täuschungshandlung.)"
Man muss also unterscheiden, worum es bei dem Rechtsschutzfall geht. Wird etwa nur um den Grad der BU gestritten, dann ist der Zeitpunkt des Rechtsschutzfall der Eintritt der behaupteten Berufsunfähigkeit. Geht es um eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung (fehlende oder falsche Angaben im BU-Antrag) dann ist der Zeitpunkt die Täuschungshandlung, als der Zeitpunkt, zu dem der BU-Antrag gestellt wurde.
Weiter heißt es in den Rechtschutzbedingungen:
"Für die Leistungsarten nach § 2 b), 2 c), 2 d) und 2 g) bb) und cc) besteht Versicherungsschutz jedoch erst nach Ablauf von drei Monaten nach Versicherungsbeginn
(Wartezeit). Bei Kauf oder Leasing eines fabrik-
neuen Motorfahrzeugs zu Lande besteht für die Leistungsart § 2 d) – Rechtsschutz im Vertrags- und Sachenrecht – keine Wartezeit."
Die BU-Versicherung gehört hier zum Komplex des Vertragsrechtsschutzes, es gilt also eine Wartezeit von 3 Monaten.
Am besten ist es also, die RS-Versicherung mindestens 3 Monate vor Abschluß der BU-Versicherung abzuschließen.
Muss es ein "Rundum"-Rechtsschutz-Paket sein?
Wenn der Zweck des Abschlusses einer RS-Versicherung ist, für den BU-Fall gewappnet zu sein, reicht ein einfacher Privat-Rechtsschutz. Weitere Bausteine sind nicht erforderlich.
Zahlt die Privat-Rechtschutz im BU-Fall eines Selbstständigen?
Bei Selbstständigen stellt sich die Frage, ob der Privat-RS zahlen muss, wenn der Selbstständige Leistungen aus seiner BU-Versicherung im Klagewege geltend macht. Diese Frage ist juristisch recht eindeutig entschieden, etwa vom
Landgericht Düsseldorf, Az. 9 O 30/17 und vom LG München Urteil vom 3.12.2004, Az. 23 O 300/04, VersR 2005, 1073. Ja, der Privat-RS greift hier. Begründung der Gerichte: die BU-Versicherung diene ja gerade der Abdeckung der privaten Kosten und der Sicherung des privaten Lebensstandards und eine Leistung hieraus greife erst zu einem Zeitpunkt der jenseits der ausgeübten beruflichen Tätigkeit liege.