BU ist gleich BU. Genau diesen Eindruck muss man gewinnen, schaut man sich die Ratings und Testergebnisse im Bereich Berufsunfähigkeitsversicherungen an. Stiftung Warentest bewertete im Juli dieses Jahres gleich 50 Tarife mit "sehr gut" oder "gut". Es findet sich kaum eine Gesellschaft, die nicht aus irgendeinem der vielen Ratings ein "gut" oder "sehr gut", fünf Sterne, ein Dreifach-F - oder wie auch immer - vorweisen kann.
Dass die Aussage "BU ist gleich BU" aber keinesfalls zutreffend ist, ergibt sich erst bei der Betrachtung der Details der Bedingungswerke. Mit Details sind sicher nicht die Kriterien gemeint, die längst Standard auf dem Markt geworden sind. Ratings mangelt es häufig daran, dass zu wenige Kriterien angelegt werden oder Kriterien angelegt werden, die längst Standard sind, d.h. in so gut wie jedem Bedingungswerk enthalten sind. Bei dem jüngsten BU-Test der Stiftung Warentest in Finanztest 7/2011 ist das besonders augenscheinlich.
Prognosezeitraum
"Prognosezeitraum 6 Monate" ist so Kriterium, das längst Standard bei den BU-Versicherern geworden
ist. Selbstverständlich sollte dieses Kriterium erfüllt sein. Der Versicherer sollte bereits dann leisten, wenn vom Arzt festgestellt wird, dass die Berufsunfähigkeit
voraussichtlich länger als 6 Monate andauern wird. Auch der Fragebogen zum Leistungsumfang, den wir als Einstieg in die Beratung und Vorbereitung auf die Beratungsgespräche zur Verfügung stellen,
enthält dieses Kriterium. Eine für den Versicherten ungünstige Formulierung ist zweifellos: "länger als 3 Jahre oder "voraussichtlich dauerhaft". Aber: Der
Prognosezeitraum 6 Monate ist mittlerweile Standard geworden - mit anderen Worten, nichts besonderes! Auch ist ein BU-Tarif, der eine abstrakte Verweisung in der Erstprüfung enthält
oder bei schuldloser Anzeigepflichtverletzung nicht zahlt, von vornherein aus dem Kreis der Tarife, die es Wert sind in die engere Auswahl zu kommen,
auszuschließen.
Verweisung
"Verzicht auf abstrakte Verweisung", das ist sicher auch nicht das entscheidende Kriterium! Auch habe ich lange kein Bedingungswerk mehr gelesen, in dem keine Nachversicherungsoptionen zu finden war.
Aber genau diese Standard-Kriterien werden als so unglaublich wichtig herausgestellt. So heißt es in einem Artikel, der einen Online-Vergleichsrechner für BU bewirbt:
Schließen Sie also keinen Vertrag ab, der eine solche abstrakte Verweisung vorsieht. Unter www.....de finden Sie im Vergleichsrechner nur 5-Sterne-Tarife, die eine solche abstrakte Verweisung ausschließen.
Und wo finde ich einen aktuellen Tarif, der eine abstrakte Verweisung enthält?
Ich möchte Ihnen hier einige Leistungskriterien vorstellen die "nicht jeder hat", d.h. die entweder Alleinstellungsmerkmale sind, selten oder jedenfalls nicht sehr häufig in Bedingungswerken zu finden sind.
Ereignisunabhängige Erhöhungsoptionen
Viel ist die Rede von den sogenannten Nachversicherungsgarantien. Die Nachversicherungsgarantien ermöglichen es dem Versicherten die vereinbarte BU-Rente bei bestimmten Ereignissen zu erhöhen. Die Nachversicherungsgarantien gehören somit zu denMöglichkeiten der Anpassung des BU-Vertrages durch den Versicherungsnehmer. Eingangs sagte ich schon, dass dieses Leistungsmerkmal längst nichts besonderes mehr ist. Die Möglichkeit, bei bestimmten Ereignissen die BU-Rente erhöhen zu können, ist sehr häufig in BU-Bedingungen zu finden. Unterschiede bestehen darin wie lange (bis zu welchem Lebensalter), bei welchen Ereignissen und in welcher Höhe eine Anpassung der Rente ermöglicht wird. Längst nicht in allen Bedingungen findet sich aber eine Regelung, die es dem Versicherungsnehmer möglich macht, auch ohne Eintritt eines bestimmten Ereignisses die Rente anzupassen.
Leistungsdynamik - Garantierte Rentensteigerung im Leistungsfall
Das eine Dynamisierung von Beitrag und Leistung in der Beitragszahlungsphase vereinbart werden kann und das diese Option sehr wichtig ist um dem Kaufkraftverlust/der Inflation entgegenzuwirken, darauf wird sehr häufig hingewiesen. Diese Option, die auchBeitragsdynamik genannt wird, wirkt aber im Falle einer Berufsunfähigkeit nicht mehr. Im BU-Fall steigt die Rente nur durch die Verrechnung der Überschüsse. Die Überschüsse aber sind nicht garantiert. Bei einigen Gesellschaften kann gegen Mehrbeitrag vereinbart werden, dass sich die Rente jährlich um eine fest vereinbarten Prozentsatz während des Bezugs der BU-Rente erhöht. Diese Option nennt man Garantierte Rentensteigerung im Leistungsfalle oder auch Leistungdynamik. Dieser Bedingungspunkt wird, obwohl er für den Versicherungsnehmer immens wichtig ist, oft vernachlässigt. Die Stiftung Warentest kürte gar einen Tarif zum Testsieger, bei dem eine Leistungsdynamik nicht einschließbar ist.
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AU-Klausel - Anspruch auf Leistung der BU-Rente bei Arbeitsunfähigkeit
Die Begriffe "Berufsunfähigkeit" und "Arbeitsunfähigkeit" sind unterschiedlich definiert.
Berufsunfähigkeit liegt in der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung vor, wenn der Versicherte "seinen zuletzt ausgeübten Beruf aufgrund von Krankheit, Unfall oder (mehr als altersbedingten) Kräfteverfall voraussichtlich länger als 6 Monate zu mindestens 50% nicht mehr ausüben kann … "
Arbeitsunfähig ist man schon dann, wenn man nur vorübergehend aufgrund von Krankheit seine Arbeit nicht mehr ausüben kann.
Näheres zum Begriff der Arbeitsunfähigkeit ist den Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien in der Fassung vom 1. Dezember 2003 zu entnehmen.
Es gibt eine Gesellschaft, die Condor-Versicherung, die sich bedingungsgemäß bereits dann zur Leistung der BU-Rente verpflichtet, wenn über einen Zeitraum von 6 Monaten eine Arbeitsunfähigkeit bestanden hat.
Auszug aus den Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BUZ) „Comfort“ der Condor Lebensversicherungs-AG:
Arbeitsunfähigkeit
(8) Wir leisten auch – gegebenenfalls nach Ablauf einer vereinbarten Karenzzeit, siehe §1 Absatz 10 – rückwirkend von Beginn einer Arbeitsunfähigkeit an, wenn die Arbeitsunfähigkeit tatsächlich mindestens 6 Monate andauert (vergleiche § 1 Absatz 7). Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person auf Grund von Krankheit, die
ärztlich nachzuweisen ist, Ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr ausführen kann.
Vorübergehende Arbeitsversuche zur Erprobung der möglicherweise wieder erlangten Arbeitsfähigkeit stellen keine Unterbrechung der Arbeitsunfähigkeit dar, sofern diese einen Arbeitsversuch im Sinne des § 74 SGB V (Stufenweise Wiedereingliederung mit Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit) darstellen.
Ein Anspruch auf die vereinbarten Leistungen wegen Arbeitsunfähigkeit besteht auch dann, wenn eine Berufsunfähigkeit endgültig nicht festgestellt werden kann. Die vereinbarte Leistung wird dann solange erbracht, wie die Arbeitsunfähigkeit vorliegt (vergleiche § 7 Absatz 4). Erkennen wir unsere Leistungspflicht aufgrund vorliegender Berufsunfähigkeit an, so endet die vorübergehende Arbeitsunfähigkeit und die vereinbarten Leistungen werden aufgrund der bestehenden Berufsunfähigkeit fortgesetzt.
Der Passus zur Leistung bei Arbeitsunfähigkeit wurde von der Condor mit einer Bedingungsänderung, die ab Juli 2011 in Kraft getreten war, verbessert. Die Condor leistete auch schon vor dieser Änderung als einziger Versicherer bei Arbeitsunfähigkeit . Allerdings war der Begriff der AU nicht definiert und die Aussage, dass "vorübergehende Arbeitsversuche" nach dem sog. „Hamburger Modell“ (§ 74 SGB V, stufenweise Wiedereingliederung) keine Unterbrechung der Arbeitsunfähigkeit für die Condor bedeuten, war so nicht enthalten.
Dieses Leistungsmerkmal in den Bedingungen der Condor ist ein Alleinstellungsmerkmal auf dem Versicherungsmarkt, d.h. es findet sich so bei keiner anderen Gesellschaft.
Zinslose Stundung der Beiträge bei Arbeitslosigkeit und Elternzeit
Häufig wird darauf hingewiesen, ein wichtiges Leistungsmerkmal sei, dass die Gesellschaft die Beiträge während der Prüfung der BU bis zur Anerkennung der BU zinslos stundet. Sicher ist das wichtig, denn während der Prüfung ist der Versicherte ja schon BU, sein Einkommen fällt bereits ganz oder teilweise weg, so dass weniger finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Diese Möglichkeit der zinslosen Stundung auf Antrag des Versicherten gewähren sehr viele Gesellschaften. Nun gibt es aber noch andere Lebenssituationen, die eine Zahlung der Beiträge unmöglich machen. Arbeitslosigkeit und Elternzeit. Nicht selten wird empfohlen, die BUV dann beitragsfrei zu stellen, ohne die Folgen einer Beitragsfreistellung zu bedenken. Einige Gesellschaften ermöglichen eine zinslose Stundung bei Arbeitslosigkeit und Elternzeit.
BU ist nicht gleich BU - Woran erkennt man die Unterschiede? - Teil II
Risikovoranfragen in der BU-Versicherung
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Würfel Ja/Nein - © S. Hofschlaeger / pixelio.de